Diese Website verwendet eigene Cookies und Cookies von Drittanbietern, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Website zu gewährleisten und Nutzungsstatistiken zu erstellen.
Wenn Sie weiter surfen, erklären wir uns damit einverstanden, dass Sie unserer ookie-Richtlinie zustimmen

Pilgerinterview: Anna aus Italien

(#POL) Vor einigen Tagen hatten wir eine nette Unterhaltung mit Anna, die auf ihrem Pilgerweg gerade durch León kam. Lies hier das ganze Interview!

2018-03-05

Wie bist Du auf die Idee gekommen den Jakobsweg zu gehen?

– Mein Vater ist den Jakobsweg vor sechs Jahren gepilgert und ich habe gesehen, dass es ihn wirklich verändert hat. Vorher war er sehr unruhig, aber nach seiner Jakobsweg Reise war er viel mehr im Frieden mit sich selbst. Sogar jetzt noch, sechs Jahre später, merke ich immer noch welchen Einfluss der Jakobsweg auf ihn hatte.

Denkst Du dass der Jakobsweg Dich auch verändern wird?

– Ich wohne in einer ganz kleinen Stadt in Italien, wo jeder jeden kennt. Aber manchmal kommt es mir so vor, als ob die Leute dort ein bisschen wie 'Zombies' sind. Ich mag zwar die Berge in Südtirol, aber in meiner Stadt fühle ich mich zur Zeit nicht so richtig wohl. Ich hoffe, nach meinem Jakobsweg als eine andere Person nach Hause zurück zu kehren. Bestimmt werde ich weinen, wenn ich in Santiago ankomme...aber ich werde ganz sicher sehr froh sein, dass ich es getan habe! 

Wie hast Du Dich auf den Jakobsweg vorbereitet?

– Ich bin eigentlich eine ziemlich faule Person. Deswegen habe ich mich nicht so viel vorbereitet, ich bin nur einmal in der Woche gewandert. Aber ich denke, dass ich körperlich und mental stärker werde wenn ich den Jakobsweg pilgere. Der Beginn der Wanderung war der schwierigste Teil, da ich 32 km statt nur 20 km wandern musste, da die Pilgerherberge geschlossen war. In den ersten Tagen habe ich mich auch verletzt, aber in Burgos konnte ich eine Salbe in der Apotheke kaufen, die sehr gut geholfen hat. Vielleicht hatte das auch damit zu tun, dass ich nicht genug vorbereitet war. Ein Koreaner hat mir erzählt, dass er in den letzten drei Jahren täglich 10 km gelaufen ist... der ist auch in sehr schnellem Tempo unterwegs. 

Was hat Dich am meisten am Jakobsweg überrascht?

– Ich habe sehr viel darüber gelesen, bevor ich zu meinem Jakobsweg aufgebrochen bin, also wusste ich mehr oder weniger was mich erwarten würde. Ich bin aber meistens überrascht, dass ich noch lebe, haha! 

Warum hast Du Dich dafür entschieden in der kalten Jahreszeit zu pilgern?

– Ich bin gerne alleine. Ich mag die Ruhe auf dem Jakobsweg in den Monaten Februar und März. Und für den Sommer habe ich schon Pläne, ich werde dann nach Berlin ziehen um zu studieren, dann werde ich die Sommermonate nutzen um eine Wohnung zu suchen. 

Wie sind die Einheimischen in den kleinen Dörfern?

– Die Menschen sind es gewohnt Pilger zu sehen, und sie sind sehr nett. Sie sagen alle 'Hola' und 'Buen Camino'. Ich denke, sie freuen sich wenn sie die Pilger durch ihren Ort ziehen sehen. 

Hast Du andere Pilger kennengelernt? 

– Ich war schon mit Pilgern aus Korea, Schweden, Spanien und Deutschland unterwegs... Manchmal gehe ich gerne mit anderen zusammen, da es mich motiviert weiter zu machen. Wenn ich alleine wandere, mache ich normalerweise mehr Pausen. Wenn ich Gesellschaft habe, hilft mir das zu vergessen dass ich müde bin oder Schmerzen habe. 

Hast Du andere Pilger gefragt warum sie den Jakobsweg machen? Was ist ihre Motivation?

– Ja, das habe ich gefragt. Es gibt viele verschiedene Gründe. Ein Spanier erzählte mir, dass er gerade eine sehr schwierige Zeit durchlebt. Er sagte, er fing an zu weinen, als er zu seiner Wanderung aufbrach, aber nach ein paar Tagen fühlte er sich schon viel besser. Für ihn war es wie eine Therapie. Ein anderer Mann war sehr religiös, aber ich glaube für die meisten Menschen ist die Religion nicht die Hauptmotivation. 

Fühlst Du Dich manchmal alleine?

– Ich mag es gerne, alleine zu sein. Und ich denke, die Leute sollten keine Angst davor haben, alleine den Camino zu pilgern. Gemeinsames Wandern ist auch sehr nützlich, wenn man sich besser kennenlernen will. Wenn Du aber alleine gehst, kannst Du Dich auf Dich selbst konzentrieren, und das ermöglicht mir, mich als Person weiterzuentwickeln. 

Wie sicher ist es, den Jakobsweg alleine zu gehen?

– Ich bin drei Mal fast gestorben! Nein, das war nur Spaß, es ist sehr sicher. Es ist ja auch nicht so, dass ich mitten in der Nach in großen Städten alleine unterwegs sein muss. Es sind nur kleine Dörfer. Das gefährlichste ist wahrscheinlich, dass man manchmal wandern muss, wo Lastwagen entlang fahren. Aber dafür winken mir die Fahrer gerne zu! 

Hörst Du beim Wandern gern Musik oder Hörbücher?

– Auf den harten Strecken hilft es mir definitiv, dabei gute Musik zu hören. 

Gab es auch Tage an denen Du keine Lust hattest zum Wandern?

– Ja, natürlich. Es gab Tage, an denen ich nicht um 6 Uhr aufstehen und in die Dunkelheit hinaus wollte. Aber nach zwei Stunden bin ich dann wieder aus dem Tief raus und glücklich. Ich meine, ich bin auch nicht zum Schlafen hierher gekommen. 

Was bereust Du nicht eingepackt zu haben?

– Mein Papa hat gesagt, ich bräuchte keinen Schlafsack mitzunehmen, deswegen habe ich nur eine kleine Decke und ein Bettlaken dabei. Zweimal musste ich dann ohne Decke schlafen, weil es in der Herberge keine gab. Es war eiskalt und ich habe schlecht geschlafen, aber das war auch ein Teil der Erfahrung. Und wenn ich den Schlafsack doch eingepackt hätte, hätte ich es vielleicht wegen des zusätzlichen Gewichts bereut. 

Und was hast Du zuviel eingepackt?

– Jetzt wiegt mein Rucksack 9 kg. Ich glaube, ich hätte weniger Kleidung gebraucht. Wenn ich im Sommer zurück komme, werde ich leichter packen. Ich bin gespannt wie der Jakobsweg im Sommer ist, jetzt sind viele Bars noch geschlossen, besonders sonntags und montags. 

 

Wir danken Anna für das interessante Gespräch und wünschen ihr recht herzlich 'Buen Camino'! Sie wird ihren Jakobsweg auf dem Camino Francés bis nach Santiago de Compostela fortsetzen. Lies hier mehr über den Jakobsweg und finde Deinen Camino! 

Zurück